Gelebtes

Petit Fours pour petite déjeuner?

Kurz nach 9 Uhr in einem kleinen Café, in das man durch eine Flügeltür tritt und in ein anderes Zeitalter geglitten zu sein scheint.

Es mischen sich hier die Epochen wie Softeis. Von Damen in identen, wie Zuckerkringel gestreiften Blusen und kurzen Spitzenschürzen, wird man in Zeiten von Corona zum Tisch geleitet. Man nimmt Platz auf etwas wackeligen, aber das kann auch am Running Gag des Universums mit mir liegen mich stets an einen stolpernden Sessel oder schwimmenden Tisch zu bringen, Rokoko Stuhl mit rosenbestickter Polsterung und verzierten Beinen.

Ist man hier lange genug Gast, wird man mit “Herr Doktor” und “Liebe Ilse” begrüßt, ansonsten ist man titel- und namenlos höflich. An goldenen Ketten hängen die Kristallleuchten aus den 70er-Jahren herab und tauchen die Petit Fours in Pastellfarben, Törtchen um Törtchen füllt sich die Auslage, während der Duft von dicker heißer Schokolade in der Luft liegt.
Hier bestellt man großen Braunen zum Pistazienhörnchen. Herren mit Einstecktuch führen Geschäftsgespräche und sind so laut, wie man es wohl nur in einem Kaffeehaus ist. Damen in Gewand wie aus zu Stoffgewordener Klangschalen-Musik mit Bommeln an den Schuhen holen sich luxeriöse Mango-Marakuja Törtchen. Was könnte es Dekadenteres zum Frühstück geben?
Man hört:

“Einmal eine gebutterte Semmel mit Erdbeer-Konfitüre!”

“Darf es zum Cappuccino noch etwas Süßes sein?”

Es rattert die Eismaschine und holt mich immer wieder zurück von der Zeitreise. Dann kehrt auf einmal Ruhe ein und man lauscht die Mitarbeiterinnen aufatmen und plaudern.

Hier ist jeder willkommen, ob in Regenjacke und Radlerhose oder tierischer Fellbekleidung und Jesuspantoffeln. Denn sie alle haben etwas gemein: Lust auf süß und etwas Nostalgie.

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