Ich möchte gerne eine Geschichte erzählen. Keine Geschichte über Kämpfe gegen bürokratische Windmühlen, nicht von politischen Ränkeschmieden hinter der Bühne einer Pandemie.
Ich denke an eine Geschichte ähnlich wie die Erinnerung an einen Kuss.
An eine Geschichte von einer Tasse Ingwer-Zitronen Tee, in der der Ingwer zu stark und die Zitrone ausgeraucht war, aber sie war immerhin heiß. Sie brannte etwas im Hals, so sagte Frau sich, und verschlug einem die Sprache. Das und der Infekt natürlich, der die sonst so amazonenhaft gegen alle Bazillen sich zur Wehr-Setzende, kampf- und sprechunfähig machte. Es war mit Nichten der verblüffend gutaussehende Kerl, der diesen missratenen Tee aufgoss. Er konnte nichts für die Qualität, denn er war Ingwer-Zitronen-Tee Experte. Das Gesöff wäre ihm nicht untergekommen.
Es geht hier nicht um den Tee. Wohlgemerkt.
Es geht um das zwischen Teemachen und dem Rest der Welt.
Der ansonsten so selbstständigen Frau waren durch den Krankheitsfall die Flügel etwas lahm und die Krallen etwas gestutzt, sprich sie war zu der bereits erwähnten Sprachlosigkeit auch handzahm. Eine ihr sehr fremde Rolle, so dass sie gleich, als ihr diese Veränderung Bewusst wurde, aufspringen und das Gleichgewicht wiederherstellen wollte. Aber im Sprung entsann sie sich ihrer Gebrechlichkeit und ließ sich zurück in die Kissen fallen.
Die Japaner verstanden sich im Luxus der Teezubereitung ( 茶の湯, cha-no-yu) und ihr leuchtete die gelassene Romantik einer so simplen Tätigkeit nun auch ein. Es war zwar höchst zweifelhaft, dass sie eine klassische Teezeremonie in andächtiger Unbewegtheit meistern könnte, wenn sie beim Meditieren stets aus der Atmung fiel, weil der Schneidersitz sie quälte. Aber in Kissen gebettet war das eine ganz andere Sache.
Es war ein Haiku-Moment.
Und dies war wohl auch eine Haiku- Geschichte.
Du machtest Tee in
einem Krug mit einem Sprung
Ich war verzückt.
Ende der Geschichte
Deeda mit Rucksack 