Dem frühen Vogel hab ich am Montag die Show und den Wurm gestohlen. Um 4:00 ging der Wecker, um 04:10 war ich auf Krawall gebürstet bereit für den Anruf bei der Kreditkartenfirma. Aus Marschblasen wurde nichts, ich war einfach zu höflich. Ich bekam eine Sonderregelung und die Karte funktionierte zwei Stunden später wieder
1.Tag Santa Cruz Insel Galapagos – going offline.
Mit einem Inlandsflug über Guayaquil gelangten wir über Baltra auf Santa Cruz. Nach einem angenehmen, von Episoden heftiger tropischer Regenschauer begleitetem, Mittagessen, ging es endlich zu den Riesenschildkröten! Sie begegneten uns schon am Weg zum Reservat, imitierten Steine oder saßen zwischen grasenden Kühen im saftigen Grün. Der Regen der letzten Tage hatte den Boden zu schwerem Schlamm verwandelt, also stiegen wir in Gummistiefel und stapften, nach einer Lektion über den Umgang mit den Tieren, los.
Es ist ein Moment der Fassungslosigkeit diesen Giganten plötzlich so nah zu sein. Ich schlich mich, so gut es in klobigen Gummistiefeln auf unebenem Grund ging, auf die erlaubte Distanz ran und beobachtete. Beobachtete ihr Dasein in Zeitlupe. Entschleunigung war ihre Gangart. Die Weibchen würden für eine Strecke von paar Kilometer sechs Wochen wandern um Eier zu legen. Müßiggang in Reinkultur, könnte man sagen, aber einmal versucht einen Panzer zu heben, erklärt (unter anderem), warum sie langsam sein müssen. Meine Faszination für große Tiere (Elefanten!) war voll geweckt. Ihr Panzer glänzte graugrün im Regen und zeigte bei jedem Tier ein anderes Relief, darunter die ledrige gekachelte Haut an den Füßen. Tut sich auch nur ein Hauch von Gefahr auf, schiebt sich alles unter den Panzer und das Tier erstarrt.
Kaum vorzustellen, welches Unheil der Mensch auch hier auf die Insel gebracht hat. Schildkröten wurden zu Öl verarbeitet, verfrachtet oder gegessen. Eine Inselgruppe, die vor der Entdeckung im 18.Jhd voll dieser Wesen war, war bald danach fast leer. Lonesome George ist wohl der berühmteste Vertreter der Riesenschildkröten, er ist 150 Jahre alt geworden, der letzte seiner Gattung.
Ich war hingerissen und so dankbar für diesen Moment, dass die Fahrt zum Hafen völlig an mir vorüber ging. Mittels Banga wurden wir zur Yacht gefahren und dort bezog ich eine überaus chice Koje.
Gut gegen Seekrankheit gerüstet, versorgte ich prompt Mitreisende und machte dem Yacht-Arzt mit meiner Apotheke Konkurrenz. Wir waren eine Runde von 20 Leuten auf einem Schiff für 40, somit viel Platz und Ruhe. Ich war die einzige Alleinreisende. Wir sind eine entspannt- lustige Gesellschaft, ein Potpourri unterschiedlicher Charaktere: waffenvernarrte Amis und ein überaus kritisches amerikanisches Ehepaar, mit denen ich spannende politische Diskussionen führen konnte. Engländer mit Humor ganz nach meiner Kragenweite (Steve lud mich ein, seine Frau und sich “Fish n’ Chips” zu nennen um mir nicht die Mühe machen zu müssen, Namen zu lernen), australische Studenten, die in allen Damen jenseits eines gewissen Alters Mutterinstinkte weckten, Franzosen, die verzweifelt versuchten Englisch zu begreifen und ein kanadisches Ehepaar, deren Lachen immer ansteckend war. Naja, und ich, in der das indische Ehepaar ihre Tochter sahen. Wunderbarrrr.
Es gab ein Schachbrett, an dem jeder Gast sich aus-und einchecken musste, wenn er die Yacht verließ. Pro Koje gab es zwei Magnetstücke zu verschieben. Ich hatte auch zwei. Einerseits spekulierte ich, sind ich und meine multiplen Persönlichkeiten gemeint (und dann sind zwei Magnete definitiv zu wenig) und andererseits meine tageszeitabhängige Geistesgegenwart. Je nach Aktivität könnte ich so entscheiden, ob ich mental auschecke oder nicht.
2. Tag Eden Islet, Chinese Hat
Nicht, dass ich es mir zur Gewohnheit machen wollte, aber auch an diesem Tag war ich sehr früh wach. Ich lag bis 06:00 im Bett und sah dem Farbenspiel auf hoher See zu. Frühmorgens war der Himmel ein breiter Pinselstrich hellblau mit Wolken wie Watte.
Das Wasser war ausgebreiteter Samt und pendelte das Schiff sanft auf und ab.
Mit einer Tasse Tee saß ich, nachdem ich der Sonne beim Erwachen und einer Mitreisenden beim Yoga zusah, am Zwischendeck und ließ mich davontragen, als auf einmal eine Familie Delphine auftaucht um gleich wieder zu verschwinden. Sie versprachen einen wunderschönen Tag…
Und es war ein wundervoller Tag, den ich im tiefen Wasser schnorchelnd verbrachte. Ich kann sagen, was man unter Wasser nicht tun kann/ sollte: staunen und Ahhh! rufen. Es war hinreißend mich umgeben von einem Schwarm Chirurgenfischen zu bewegen, ich folgte ihnen ein Stück weit, bis sie zu schnell für mich wurden.
Wenige Augenblicke später segelte eine Meeresschildkröte an mir vorbei, auch ihr heftete ich mich an die Ferse.
Mit dem Kopf unter Wasser, ist die Gedankenspirale endlich aufgehalten und ich gleitete im Wasser, unter mir ein Hai, neben mir mal ein Seelöwe, mal ein anderer Schwarm blaugestreifter Döbel. Auch unter Fischen gibt es Einzelgänger, so dass es nicht verwundert, dass mir Papageienfische am besten gefielen. Quitsch-bunt, frech und standing/going solo!
Bei unseren Ausfahrten mit dem Dingi sichteten wir Blaufuß-Tölpel (tatsächlich hätte ich nicht gedacht, dass der deutsche Name noch lustiger ist als der englische “Booby”) Pelikane, Leguane (leider sind Warane auf Galapagos nicht heimisch)und Pinguine.
3.Tag Santiago Island, Bartolome Island, Sullivan Bay
Tagwache 06:00
Es war Premiere für mich auf Vulkangestein zu laufen und ich habe einen großen geologischen Wissensgewinn erfahren, es hat doch mit mehr als nur Steinen zu tun.
Wusstet ihr, dass es verschiedene Arten von Vulkanen gibt? Solche, die öfter spucken aber harmloser sind und solche, die alle paar tausend Jahre explodieren und alles zu Asche verwandeln? Ganz ähnlich zu meinen Wutausbrüchen, alle Weil wieder mit minimalem Kollateralschaden. Man stelle sich vor, die Dewasurendras würden nur alle hundert Jahre eruptieren, was tun wir denn die restlichen neunundneunzig?
Fun fact: es gibt sogenannte Pahoihoi Lava und, mein Liebling, AyAyAy Lava. Ersteres sieht aus wie Seil und letzteres sind so spitz, dass das darauflaufen weh tut.
Auf Galapagos wird das biologische Gleichgewicht hoch gehalten, wo eine Art eine andere bedroht wird sortiert und evakuiert. Invasive Flora und Fauna wird elimiert.
Es ging auch an diesem Tag wieder ins Wasser und auch diesmal wurde ich trotz anfänglicher eingeschränkter Sicht nicht enttäuscht, dabei ist, wie gesagt, den Kopf unter Wasser zu halten und nur zu atmen Abenteuer genug. Ich begegnete einem Pinguin auf der Jagd, mehreren Mantas und Rochen,einem Hai, amüsierte mich erneut über einen Papageienfisch, und schließlich unmittelbar vor dem Weg zurück zum Boot unter einem großen Schwarm Sardinien ein Hammerhai! Ich weiß, wir können das alles ganz gemütlich und trocken im Zoo beobachten, aber in der freien Natur in direktem Kontakt mit dem Bewusstsein, dass wir die Eindringlinge sind und uns außerhalb unseres Lebensraums befinden, ist eine ganz andere Wahrnehmung.
4.Tag Genovesa Island, Darwin Bay, Prince Philip’s Steps
Dieser Tag stand im Zeichen des Vogels. Ornitologen kamen schwer ins Schwärmen (hach, welch Wortspiel)! Wir sahen Masken-Tölpel beim Brüten und Hüten ihrer Jungen, die wir Wattebauschen aussahen. Erlebten zwei Robbenbabies und stolze Fregattvögel mit feuerroten Kehlsack.
Der letzte Tag Tiefsee-Schnorcheln bescherte mir eine weitere Begegnung mit einem Hai und eine kleine Tour inmitten eines Fisschwarms, ich war umgeben von Chirurgen-, Halfter-, Papagein, Drücker-, Trompetenfische und Demoiselle.
Kam mir selbst bald wie ein Fisch vor, die Fische hingegen werden sich wohl eher gedacht, was der Knödel da im Wasser macht.
Zum Tagesabschluss kriegten wir bei den Prince Philipp’s Steps zwei Eulen vor die Linse.
Am 5.Tag Rückreise nach Quito– back online…
Was für Tage das waren. Ich kann es noch gar nicht so richtig glauben, dass ich auf den Galapagos Inseln war, mit Haien geschnorchelt und Riesenschildkröten näher gekommen bin.
Am Samstag geht es zum nächsten Ereignis.. Den Amazonas.
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