Beflügelt

Salam روز به خیر Tehran

Prolog

Ehrlich, das mit mir und dem Wandern bzw den Wanderschuhen, das klappt nicht, ähnlich wie mit Männern (ziemlich egal ob Variante “jetzt hab dich nicht so und schraub deine Ansprüche zurück = 14,99€ Plastik Schuhe und so peinlich, dass nur im dunklen getragen werden darf, oder “Alter Diyani, selbst seine Oma warnt dich vor ihm= 249,99€ muss ich haben sonst sterbe ich Heels, einmal getragen, fast den Hals damit gebrochen und als Mahnmal ausgestellt. Bei Trekkingschuhen fehlt mir der Vergleich, aber so weit scheitert es ja schon beim Anziehen, hierzu fällt mir nur der verzweifelte Versuch meiner Familie ein, mich zu verkuppeln, sie kommen selten weiter als, “sein Horoskop ist vielversprechend”)
Man stelle sich vor, Wanderschuhe sollten eingetragen werden, sonst sind die nämlich hart wie Beton! Kurzerhand ausgezogen, für den (steht aber noch in den Sternen) nächsten Ausflug auf die Nordkette in die staubige (bescheuerte-blasen-machende-Latschen) Ecke geschleudert, und in die ausgelatschten Pumas geschlüpft! Und das alles um 4:30 früh.

Tehran

Während ich das hier schreibe, liege ich im Hotel in nur T-shirt bekleidet am Bett, sozusagen Kontrastprogramm zum in der Öffentlichkeit notwendigen Bedecktheit, und esse einen Brownie aus der Minibar, da wegen Ramadan noch alles zu hat, das so viele E-Nummern hat, dass es nur eine Frage der Zeit sein kann, dass mir eine 2.Nase wächst.

Ich ließ mich treiben. Nahm um der Hitze zu entkommen die U-Bahn und da schafft man sich oft den besten Eindruck. Allen Metro(polen) ist ein Verhalten gemein: der leere Blick ins Nichts.

Schnell merkte ich, dass es auch beim Ubahnfahren Regeln gibt, es gibt eigene Women-Only Wagons. Ich find das super. Manche Damen lassen für paar Minuten das Tuch vom Haar rutschen und es ist ein merkwürdig entspanntes Gefühl nicht angeglotzt zu werden und ich werde viel angeschaut, die Kombination aus dunkler Haut und dann auch noch gekleidet: wie ein Kolibri im rosa geblümten Kopftuch, das seiner Gefangenschaft entkommen ist. In Indien wird im Zug Essen, Süßes, Tee und Wasser verkauft, hier in Tehran Turnschuhe, Kochlöffel, bunte Haarsträhnen und BHs! Wäre ich lang genug unterwegs, könnte ich meine gesamte Unterwäsche hier besorgen!

Seit heute 10:00 bin ich wieder mal Millionärin. Aber auch nur in Rial, in der Alternativwährung (Toman, welche 1925 die Landeswährung war und im Dezember 2016 als neue angekündigt wurde aber bisher noch nicht in Kraft getreten ist), die hier – frecherweise ohne Kenntnis des Reisenden (ok nur meiner Wenigkeit), verwendet wird (sie tun einfach eine Null weg), bin ich nur fast– Millionärin. Ich hab eine beunruhigend große Menge Geldscheine mit mir und diese vielen Nullen überfordern mich auch diesmal. Sinnlose Papierverschwendung.

Ich bin durch den gut gepflegten Garten des Golstan Palace gelaufen. Und hab diese Ruheoase sehr genossen, so nah am geschäftigen Bazaar. Ich habe während des Spaziergangs die griechischen Säulen meines Luftschlosses kurzerhand gegen glitzernde ersetzt, wie sie hier zu sehen waren, welche mit Glasplättchen besetzt sind, ich muss euch ja nicht sagen, wie das in der Sonne glitzert und wer steht auf ein bisschen Glitter über ihr Leben gestreut?

Mein nächster Punkt war die ehemalige US Botschaft. Es gibt ein dazugehöriges Museum, dessen Öffnungszeiten ein Kuriosum für sich darstellt. Rein theoretisch hätte es offen, praktisch aber gar nie.
Als letztes bin ich in einem kleinen Park gelandet, in dem Skulpturen ausgestellt sind, Menschen Gymnastik machen, junge Paare sich zum Stelldichein unter einem Baum treffen und wo ein alter Mann Wasser zu den Füßen einer Statue goss und mich heranwinkte. Er zeigte auf ein Vogelnest aus Steingut, an dessen Rand ein Vogel über zwei Eier wachte. Er lächelte und deutete auf die Eier, die er mit Wasser bedeckt hatte. Ich verstand kein Wort, aber sein Lächeln war so ansteckend, ich musste mitlachen. Der zynische Stimme in mir flüsterte zwar, “der war wohl nicht so häufig im Bio-” Unterricht, hmmm?” versuchte ich kein Gehör zu schenken. Trotz der überwältigenden Hektik, stickigen Luft und der sohlen-verglühenden Hitze, war hier jeder freundlich zu mir. Und da es bei mir ein Lächeln für Lau gibt, hatte ich gut was zu tun.

Die Stadt an sich blieb mir eher verschlossen, irgendwo gibt es die Rückzugsmöglichkeiten, aber ich fand sie nicht. Diese Stadt ist wie viele Städte, mega stressig, laut und staubig, Horden von gehetzten Arbeitsbienen und die Geburtsstätte des rücksichtslosen Verkehrs. Es würde mich nicht wundern, wenn der eine oder andere beim Kreuzen des Zebrastreifen Begegnung mit der Motorhaube eines Taxis macht oder einen Reifenabdruck eines dieser wahnwitzigen Motorräder am Schuh verewigt bekommt.


Mein lebensnotwendiges Verweilen in kleinen Cafés muss leider, dem Ramadan Respekt zollend, bis Montag ausbleiben. Wie groß der Unterschied doch ist, wenn man in einem Land als Tourist umher wandert oder ein Teil des Lebens ist. Im Libanon fiel mir der Ramadan nie vor dem allabendlichen Feuerwerk auf, unter Tags waren wir dank der einheimischen Kollegen und umliegender Restaurants, die zum Glück nicht alle zu hatten, stets versorgt. Hier im Iran hab ich noch keinen einzigen Supermarkt gefunden, das Leben findet am Bazar statt und die Einkäufe erledigt man im Laden um die Ecke. So hab ich auch unweigerlich zw Frühstück (die Interpretation des Hotels in Tehran: Kuchen! Dazu Schafskäse, Auswahl an Gurken, Datteln und Wassermelone. Da hat wer Marie Antoinette etwas allzu wörtlich interpretiert, oder der Koch litt unter ausgeprägten Schwangerschaftsgelüsten. Zum Abendessen gab es kein Messer, zum Frühstück gleich zwei.) und Abendessen gefastet. Bis dahin war ich so hungrig, dass ich, aber nicht weniger auch deswegen, weil der Kellner wie ein Rabe mit seinem Kugelschreiber im Anschlag über mir wachte, die Karte nur 1 Seite kurz war und sie nur EINE Karte hatten, dass ich kurzentschlossen auf irgendwas in der Sektion ‘main’ zeigte. Mal war es Kebab, (wusstet ihr, dass Löffel nicht schneiden?!) und das andere Mal (Lerneffekt: Vermeiden von Gerichten, die ein Messer notwendig machen) Melanzani Stew mit Überraschung: wer denkt, das wäre vegetarisch, war spätestens beim Anheben der ersten Melanzani Scheibe eines besseren belehrt.

Dem Treiben Tehrans den Rücken kehrend geht’s weiter nach Shiraz….

3 thoughts on “Salam روز به خیر Tehran”

  1. als nächstes gehts nach Shiraz. Ich wollte vor 10 Jahren dahin, aber leider hat es nie hingehauen. Shiraz, Isfahan steht alles auf der Bucket List 🙂 Toll geschrieben, wie immer 🙂

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