Mir eine Meinung zu etwas zu erlauben, dem ich mich dieses Jahr beinahe gänzlich entzogen hab, ist wohl etwas Oberlehrerin-mäßig, aber da ich als solche ja nicht nur einmal bezeichnet wurde, will ich dem entsprechen.
Es ist Weihnachten. Schon seit Ende September, wenn wir den Einzelhandel Gehorsam leisten wollen.
Den Kürbissen (mit Feenstaub, als neuester Trend, denn unser Leben verträgt ein bisschen mehr Bling bling) folgten auf den Fuß die tanzenden Weihnachtsmänner und der vermaledeite Lametta!
Am 15.10 (plus minus) hatte ich schon genug von den Adventskalendern (ganz zu Schweige von den Kalendern 2015 zum halben Preis,; soviel zu “Die Zeit vergeht wie im Flug”) zum Sonderpreis. Überall wurden schon Berge von Spekulatius und Lebkuchen gestapelt, die Fenster mit Schnee aus der Dose verdreckt und natürlich kamen die Werbespots wieder auf den Bildschirm.
Mein Favorit ist ja die saufende und pöbelnde Socke oder auch der Slogan von Cineplexx: “mit einem Bügeleisen hat man noch keine Frau bezaubert”. Moulinex zeigt sich bestimmt nicht sehr “amused” und muss wohl paar Einbuße beklagen.
An zwei Fingern lässt sich abzählen wie häufig ich mich dieses Jahr in den Shopping- Wahnsinn in Wien eingebracht habe und beide Male ging mir die Contenance beim ersten Rempler flöten.
Es sind ganz besondere Nerven, die man zu dieser Zeit parat haben sollte. Stahlharte reichen da nicht aus.
Um uns Konsumwahnsinnigen dann völlig zu hypnotisieren, findet ja parallel auch noch der Winterbaverkauf statt. Wohlgemerkt bei noch fehlendem Winter! Brieftaschen kann man getrost zu Hause lassen, stattdessen einfach die VISA um den Hals hängen.
Meiner Angst vor Menschenansammlungen hab ich es auch zu verdanken, dass ich noch zu keiner Tasse Glühwein gekommen bin (aber so richtig klirrend kalt ist es ja auch noch nicht und das sag ich, die auch im Sommer kalte Füße hat!).
Heute konnte ich dem Trubel aber nicht entkommen.
Die Slipper mit Bommeln (Fachausdruck: Quaste, da klingt Bommel doch viel besser, nicht?) für Papa als Weihnachtsgeschenksidee für meine ahnunglose Mutter, die ihm sonst das dreißigste Hemd geschenkt hätte. Die Bommeln erinnern mich an unsere Kindheit. Ich glaube, in den 80ern oder 90ern waren die sehr angesagt und meine Eltern hatten einige Schuhe mit diesem Paar längs geknoteter Schnurrbärte, die so lustig wackelten, wenn sie gingen. Man kann sich also vorstellen, dass, wenn Dad sich nicht freut, ich schwer traumatisiert sein werde! Es ist schließlich ein Reminszenz-Slipper, der auch noch chic aussieht!
Mutet es etwa komisch an, dass eine Buddhistin sich ÜBERHAUPT mit Weihnachten befasst? Mag so sein, ist mir egal. Ich bin ja in vielerlei Hinsicht für keine Schublade geeignet.
Ich bin sehr froh, dass meine Eltern es für eine gute Idee empfunden haben, Heimweh und Umgewöhnung durch materielle Güter zu kompensieren. Ihre Meinung haben sie dann aber bestimmt mit zunehmendem Alter und Ansprüchen der verwöhnten Gören geändert, aber der Schaden war schon angerichtet: Mein Bruder und ich waren auf den ersten Blick verliebt in Weihnachten!
Ich bin natürlich kein materieller Mensch (nicht mehr), aber als 7jährige, die nur Brocken von Deutsch konnte, anderen den Kakao klaute (Entschuldigung, aber pure Milch oder der Magenumdreher schlechthin: Buttermilch!! ging einfach GAR nicht und da eine Änderung nur alle 2 oder 3 Monate möglich war, musste ich selber schauen, dass ich zu was Gutem kam!), war es ein herber Schlag zu verkraften, dass es am ersten Tag nach den Weihnachtsferien NUR um die Geschenke ging, die die anderen zu Weihnachten bekommen hatten. Da saß ich in einem Sesselkreis und hörte den anderen mit glühenden Ohren und Augen, so groß wie die Sehnsucht in meinem Herzen nach dieser Barbie von der gerade die Rede war, zu und konnte nicht fassen, was ich da erfuhr. Geschenke! Richtige Geschenke! Nicht etwa das obligate Blümchenkleid, das Mädchen in Sri Lanka bekam, wenn man Geburtstag hatte oder es Neujahr war.
Ich gebe aber an diese Stelle etwas zu… Mein Bruder und ich waren wohl zwei der wenigen Kinder in Sri Lanka, die viele Geschenke bekamen, das war der einzige Vorteil an der Tatsache, dass wir unseren Vater nur für wenige Monate im Jahr zu sehen bekamen, Sommer in Österreich, Winter in Sri Lanka und das 6 Jahre lang. Resultat: Kofferweise Vaterliebe in Form von Puppen und Spielzeug (aber halt nie eine Barbie).
Unser 1. Weihnachten muss schön gewesen sein, ich kann es nicht genau sagen, mein Gedächtnis spielt mir da einen Streich. Ich kann mich erinnern, dass mein Vater beim 1.Christbaum vor lauter Übermut diesen schon vier Wochen zu früh gekauft hatte und wir beobachteten am Weihnachtsabend, wie mehr Nadeln um den Baum als am Baum waren und fein die bunt eingepackten Geschenke bedeckten.
Oder als er den Versuch startete Christkindl zu spielen! Es dauerte an diesem Abend wohl eine Weile bis mein Bruder und ich, ich glaube wir waren da 9 und 8, bemerkten, dass Papa nicht aufzufinden war und der Baum überraschend leer untenrum war. Meine Mutter konnte unsere Fragerei nicht beanworten, so schwer beschäftigt war sie damit zu kochen. Bestimmt hatten wir die Horrorvorstellung, dass unsere buddhistischen Eltern sich ihrer Religion bewusst wurden und beschlossen, dass mit diesen Albernheiten für alle Mal Schluss sei, aber der Christbaum passte nicht so recht in unsere Theorie. Wir waren noch keine guten Knickerbocker, der Fall ließ sich nicht lösen, Papa blieb verschwunden.
Mama deckte unterdes den Tisch und ließ uns völlig links liegen. Da klingelte es an der Tür, aber keiner ging hin. Also Mama nicht und wir schon gar nicht. Da klingelte es wohl noch mal. Wir hörten Mama was sagen und die Tür öffnen, da rief sie uns dann zu sich, es sei für uns. Für uns?!
Wir liefen zur Tür und Mama machte uns Platz, damit wir einen vollen Blick auf einen prächtigen Stapel Geschenke werfen konnten! Hinter dem Stapel stand Papa! Wir haben ihn gefunden! Vom Gefühl her kann ich heute sagen, dass mein Bruder und ich uns mächtig freuten, natürlich auch über unseren Vater!
Unsere Eltern wusste immer, wie sie uns eine Freude machen konnten, aber wo sie wirklich am Holzweg waren, war bei ihrer Logik, dass mich EIN Buch (!) schon über die ganzen Ferien hinweg beschäftigen wird. Es hatte 300 Seiten und war nach 5 Stunden ausgelesen. Meine Mutter vermutete immer, dass ich nur jede dritte Seite las. Typisch Erwachsene eben, keine Ahnung von der spannenden Handlung bei “Hanni und Nanni“. (Ich wünschte mir damals immer insgeheim, meine Eltern würden mich in ein Internat stecken, damit ich endlich einen Mitternachtsschmaus mit Pastete essen konnte, aber leider…)
“Hanni und Nanni” mussten recht bald “Caught in the Act” Platz machen (wem das nichts sagt: 1.) schämt Euch!, 2.) das ist eine Boyband). Mein einziger Wunsch war das neue Album, nichts weiter, nur diese Scheibe Plastik. Was bekam ich? Ein Brettspiel, das wir schon hatten. Ich bin überzeugt, ich schaute meine Eltern gar nicht erst an sondern schmiss das blöde Teil ins Eck und faltete, um meinen Ärger zu verstecken, das Geschenkspapier fein säuberlich für das nächste Mal zusammen. Kurz vorm Schlafengehen fragte mich meine Mutter, ob ich das Spiel denn nicht mal ausprobieren wolle. Ich quittierte ihr diese Frage mit einem “das haben wir schon!!”
“Aber du kannst ja mal reinschauen” sagte sie drauf und ging weg.
Ich schaute halt hinein.
Da lag es… mein 1. Caught in the Act Album!! Halleluja!
Armer Kasun, er hätte sich sicher gewünscht, ich hätte das Spiel nicht geöffnet, denn nun kriegte er kein Auge mehr zu, weil ich mit meinem Discman und den Stöpsel in den Ohren die ganze Nacht im Bett dazusang anstatt zu schlafen.
Man musste mir den Discman gewaltsam entreißen, damit mein armer Bruder Schlaf bekam. Ich glaube in dieser Nacht schmiedete er den Plan, mir meine Tonträger zu verstecken, weil ihm die Ohren von meinem Singsang bluteten. Es sei eine Warnung: Man legt sich a) nicht mit der großen Schwester an und b) nicht mit der großen Schwester, die schwer verknallt in Lee Baxter war!
Wenn ich so zurückschwelge, begreife ich, dass Weihnachten nicht mehr den Zauber hat, wie früher. Wir haben mit dem Christbaum aufgehört, es gibt zwar noch immer Geschenke, die mit viel Liebe und Überlegung ausgewählt werden, aber die Beigeisterung, wie über ein Sammelband “Hanni und Nanni”, den ersten Discman mit Anti-shake oder der 1.CD (wobei das bei mir ein Album von Janet Jackson war) stellte sich nicht mehr ein. Dafür begann ich mir mehr Gedanken über ein gutes und feines Dinner zu machen, so gab es schon mal Seeteufel oder Roastbeef eigens von mir zubereitet.
Was seinen Zauber nicht verloren hat: VANILLEKIPFERL! Was für eine feine Erfindung. Ich liebe sie und danke allen meinen Bäckerinnen für die regelmäßige Belieferung!

Ich schenke noch immer sehr gern. Aber ich gehe lieber online einkaufen. Ich weiß, ich tu damit dem Handel keinen Gefallen, aber meinen Nerven und Füßen. Ganz zu schweigen davon, dass ich die Gefahr umgehe in dem ganzen Trubel meine Habseligkeiten zu verlieren. Denn, wie ich schon mal erwähnt hatte, ich kann nicht mehr als an 3 Dinge denken, deswegen trage ich meine Handtasche IMMER umgehängt, aber alles was ich in der Hand halte, läuft Gefahr irgendwo liegen gelassen zu werden.
Der heutige Ausflug war aus vielerlei Gründen also gut geplant. Erst die Schuhe für Papa, dann Essen im Il Mare (angeblich einer der besten italienischen Restaurants Wien, mein Testgereicht “Spaghetti Carbonara” war ok, aber das Publikum war mir zu anstrengend: Menschen, die über ALLES besser Bescheid wissen und den Pizzaiolo beim Arbeiten laut kommentieren. Aber zumindest tranken sie den passenden Wein: 1/8 Primitivo), dann schnell 2 Strampler für das Neugeborene unseres Cousins (einer von, erm, 36) und zum Abschluss, sozusagen als Belohnung, zum Thalia. Riesen-Monster- Mammut- Fehler!
Bücher haben zwar eine besänftigende Wirkung auf mich, aber nicht zur Weihnachtszeit. Leider. Ich schnappte mir also den neusten Roman von Jo Nesbo und zwei weitere, getüpfeltes Geschenkspapier und machte mich auf mal wieder an der falschen Schlange anzustehen.
Meine Weihnachtseinkäufe sind hiermit abgeschlossen, all jene, die ich vergessen habe, bekommen einen fetten Schmatz.
Wie eine Freundin heute erwähnte “Weihnachten kommt halt immer unerwartet” Ja so scheint es mir auch. Aber ich könnte mich auch selbst an der Nase nehmen nicht wahr. Die Briefmarken für meine alljährigen Karten hätte ich auch im November kaufen können, vor allem weil es nicht viel gebracht hat auf Dezember zu warten, sie sind schlichtweg langweilig und auch habe ich dieses Jahr nicht für nächstes Jahr vorgehamstert… wäre ja nur der halbe Spaß logisch zu denken.
Somit wünsche ich Euch eine Frohe Zeit, schlagt euch den Bauch voll mit so vielen Vanillekipferl wie es nur geht, trinkt Glühwein und seid lieb zueinaner. Aber das bitte das ganze Jahr über!
Quellen:
CITA: http://t1p.de/tcaq
Christmas http://t1p.de/vff5
Shopping http://t1p.de/eu9y
1st Christmas: http://t1p.de/27dt
Jolly: http://t1p.de/wikk
Kugel: http://t1p.de/kckh