Nicht mehr ganz fünf Tage noch in einem Land voller Widersprüche, ein asiatisches Land mit überraschend wenig öffentlich gezeigten Traditionen und kultureller Zugehörigkeit, aber mit viel Regeln und Gesetzen, die wohl nur Koreaner sehen und erkennen. Ihnen gelingt der Spagat zwischen K-Pop und ihren traditionellen Verpflichtungen; hier treffe ich die an der Zivilisation, an den Klippen der Anforderungen der neuen Welt zerschellten Figuren, wie sie sonst in jeder Stadt in Form von Obdachlosigkeit, Freien Redenden oder an der Süße der Sucht Gebundenen, gar nicht. Wo sind sie?
Ich konnte mir keine Bestätigung für die in einer Studie festgestellte hohe oder gar höchste Selbstmordrate in Südkorea holen. Das ist jetzt auch kein Thema, das man so nebenbei beim Bibimbap bespricht, da geht es einfacher über Schönheitsoperationen zu reden, wobei auch hier nicht viel in die Tiefe gegangen werden kann. Die paar Koreaner, die ich gesprochen habe, geben mit einer gewissen zynischen Intonierung offen zu, dass in ihrem Land mit Schönheit viel Geld gemacht werden kann. Versagen ist aber ein Tabu, wie in jedem andren Land auch.
Junge Koreaner haben mit einer drückenden Arbeitslosigkeit zu kämpfen, ihre Schultern werden noch zudem damit beschwert, dass ihre Eltern Kredite abzuzahlen haben, die sie für die Bildung ihrer Kinder aufgenommen haben. Doch meistens sind es die Eltern, die noch mehr unter der Last ihrer Kinder leiden, denn diese leben bei den Eltern, studieren weiter bis sich dann irgendwann ein Job auftut.
Lange war auch das sehr junge Pensionsalter in Korea ein großes Problem, denn ohne eine staatlichen Pension, waren die alten von den Jungen oder ihrem Ersparten abhängig. Die Grenze von 50 wurde soweit ich das verstanden hab, fallen gelassen und das würde den Eindruck, den ich vom arbeitenden Volk habe, bestätigen. Ich bin zwar sehr schlecht darin, Asiaten ihrem Alter zuzuordnen, aber mir scheint dennoch, dass sehr sehr alte Menschen hier noch arbeiten, als Taxifahrer, die sich tief zur Windschutzscheibe beugen müssen um auf die Straße zu sehen, oder die alten Frauen am Markt, die den ganzen Tag hocken oder stehen.
Vielleicht fällt es mir hier nur so markant auf, weil es bei uns nicht üblich ist, dass alte Menschen einer Arbeit nachgehen. Ihre Rolle in der Gesellschaft ist dann aber dennoch nicht besser. Sie haben nur das gute Gefühl, wenigstens eine kleine Pension zugesprochen zu bekommen.
Ich glaube, Koreaner sind gut darin, sich mit viel Konsum und dem damit versprochenem glänzenden Äußerem eine knallharte Oberflächlichkeit aufzubauen.
Sie wirken alle glücklich, wenn ich wen anlächle, so wurde ich mit einem Lächeln beschenkt, außer von dem Kellner gestern, der war sich seiner sinnlosen Existenz wohl schon bewusst.