12:41 und Diyani ist schon seit 40 Minuten munter!
Das gesetzte Ziel, die Kathedrale, den Park und einen Eingang zum Hanok Village zu sehen wurde nach wenigen Schritten gleich durch das durchdringende Bedürfnis und Verlangen (das englische Craving drückt es meiner Meinung nach am besten aus, WIE elementar das jetzt gerade ist) nach einem Kaffee unterbrochen.
Ich muss sagen, der Kaffee hier ist gut. Ich trink ihn natürlich nur kalt, bei 35°C auch noch heißen Kaffee zu trinken, grenzt schon an Masochismus und würde bedeuten, sich noch mal umziehen gehen zu müssen und wer weiß, ob ich dann noch mal vom Ventilator wegzuzerren bin?
Gestern war mein erster Tag und ich erlebte einige unlogische Momente mit der Inhaberin des Guesthouse, erst war ich gar nicht angemeldet, dann fand sie nur nach etlichen Malen hin und herblättern in ihrem Buch doch ein Kammerl für mich. Nachdem ich mich brav registriert hab, machte sie mich motiviert darauf aufmerksam, dass ich nur knapp Landsmänner verpasst hätte. Kaum zu glauben, es sind noch andere Österreicher unterwegs!
Nachdem ich mich ein wenig von dem Schreck erholt hab, nicht die einzige zu sein, zeigte sie mir mein Zimmer, das doch kein Kammerl ist. Ich hatte für drei Nächte drei Betten! Welch Dekadenz!
Kaum war ich im Zimmer, hatte ich auch schon ein Riesen- Fauxpas begangen! Ich betrat mit Schuhen den Raum! Mich mehrmals entschuldigend und vorbeugend hoppste ich in den kleinen Bereich vor der Tür, wo Schuhen erlaubt waren! Puh.
Ich ließ den Rucksack fallen, die Besitzerin verließ mich, und ich überlegte, ich geh einfach schlafen. Aber nein…. Meine Neugier war viel zu groß!
Also schnell “frisch gemacht”, bedeutet bei mir so viel wie mich erst für fünf Minuten mit leicht gebeugten Knien vor den Ventilator zu stellen, meine Haare irgendwie hoch zu binden und… fertig.
Auf dem Weg aus dem Zimmer begegnete mir wieder die Besitzerin und sie meinte, ich könne auch dieses Zimmer haben und deutete in einen Raum und gegenüber, das wäre günstiger. Ich sah sie ungläubig an und fragte mich innerlich, ob sie wusste, wie schnell ich es mir heimelig machen konnte und ich ging mental mein bereits angerichtetes Chaos im Zimmer durch. Überhaupt! WARUM sagt sie das jetzt erst?? Der Gast, der vorher im Zimmer war, ist unerwartet gestorben?
Ich verzichtete mit einem “No, it’s OK”.
Ich war derart hungrig, dass ich ins nächste Lokal hineinstürmte, das BIBIMBAP beim Namen dabei stehen hat. Drei Mal dürft ihr raten, was sie NICHT hatten…. Bibimbap. Laut Kellnerin hätten sie das erst nächste Woche. Bitte, wie? Ach egal. Ich nahm die Spicy Nuddles, bei denen sie mir mehrmals andeutete “Hot, hot!” Ja, genau das richtige.
Aus früheren Fehlern sollte man ja idealerweise lernen, nicht so ich. Mein Hirn war wohl vor lauter mangelnder Zuckerzufuhr in Streik gegangen. Denn erst als die Nudel vor mir standen, sank mir mein Appetit in die Schuhe und ich hatte wohl einen unglücklichen Ausdruck in den Augen (wären wir im koreanischen Fernsehen, hätte ich eine solche Animation bekommen: :'(😭). KALTE NUDEL, schon wieder! Diesmal sogar mit crushed Ice, beim ersten Mal waren es ganze Eiswürfel.
Das einzig gute an der Sache war die Schere! Eine Schere so groß wie die Schneiderschere meiner Mama, um die Nudel zu zerschneiden! Im Ernst! Was ich auch tat, so konnte ich meiner Wut und Enttäuschung schön Luft machen!
Schnipp Schnapp Nudel ab!!
Nach einem milden brain freeze tat die Hitze richtig gut, die mich draußen in eine enge Umarmung nahm.
So eingepackt ging ich dran, das hanok Village zu erkunden.
Ich blieb vor jedem Haus ganz fasziniert stehen, denn die Dächer waren echt ein Hingucker, wie Flügel eines Kranich an den Enden gen Himmel gehoben, als ob es jeden Moment davon fliegen wollte!
Ich hatte als Kind in Sri Lanka eine Lieblingsserie (Nebenbemerkung: so viele Sendungen gab es damals nicht, die meiste Zeit lief das Testbild, so hatte ich mir auch die unsrilankischste Sendung zum Liebling erkoren), ich glaube, es spielte im alten Japan, in traditioneller Kleidung und sehr melancholischer Grundstimmung, wohl wegen irgendwelcher Familien-Tragödien (wie üblich). So wenn ich jetzt die schönen Häuser hier sehe, muß ich an die Serie denken und frag mich, wie die wohl geheißen hat und kann mich an mein Gefühl von damals erinnern, dass ich ganz gepackt war von der Handlung.
Achso, ich sollte wohl noch bemerken, dass das alles in japanisch war (vielleicht war es aber auch eine andere Sprache und überhaupt ein ganz anderes Land!?) und nur singhalesische Untertitel und.. Ich noch gar nicht lesen konnte! Gewaltig muss die Bild-Sprache gewesen sein.
Also, wo war ich jetzt…
Achso, ja, die Häuser. Wunderschön!!
Ich pack mich mal zusammen, schlürf den letzten Schluck meines Kaffees (Einen Heinrich lass ich selbstverständlich stehen) und mach ein paar Fotos für euch von den fliegenden Dächern!
Am Abend des gestrigen Tages lernte ich den Herren des Hauses kennen und ein bisschen fürchten. Er war mir etwas zu motiviert mich an andere Reisende zu bringen, so hat er einfach mal zwei koreanische Urlauber an mich gehängt, wir sollten uns doch zusammen tun, wenn wir alle drei schon alleine waren. Trotz leichter Irritation von allen drein, taten wir wie uns geheißen und gingen mal drauf los. Es stellte sich heraus, dass wir alle hungrig waren und somit die Frage, was tun, beantwortet war. Es war ein lustiger Abend, die beiden haben sich darin abgewechselt Wörter für mich zu übersetzen und so hatten alle ihren Spaß. Ich lernte an dem Abend, das in Korea gegen Schwellungen Kürbissaft getrunken wird, was besonders bei der Häufigkeit an Augenoperationen große Bedeutung hat bei den Damen. Ja, das erste, was sich eine Koreanerin machen lässt, ist eine Schlupflid-OP. Interessanterweise sind die Augen aber das einzige, was sie beim Schminken beinahe unberührt lassen.
Ich bin gestern um 21:00 schon im Bett gewesen und nach einigen abstrusen Kapiteln im Hitchhicker’s bin ich in wilde Träumerei versunken.
Heute war ich dann nach dem Kaffee in einem Park, angelegt in Gedenken an die vielen Herrscher Koreas, dann in einer katholischen Kirche, welche als Mahnmal genau dort steht, wo Katholiken verfolgt und ermordet wurden.
Auf dem Weg zu einer Schule Konfuzius geriet ich auf Irrwege. Was wiederum doch was konfuzisches hat, nicht war? “Wer suchet nach seinem Glücke, gehe den Irrweg über die Brücke” oder so ähnlich…
Das Verlaufen hatte den Vorteil, dass ich einen Blick über die Dächer werfen konnte und mir vorstellte, wie die Einwohner wohl schauen würden, wenn ihnen eines Tages, das Dach wegflöge..
Und ich kam an einer kleinen Siedlung vorbei, in der sämtliche Mauern bemalt waren
Auf dem Weg fort von Konfuzius, hörte ich in der Ferne den Donner grollen. Ich vermutete, dass mir noch genug Zeit blieb, um zur Post zu gehen und dann zu Mittag zu essen. Regnen würde es bestimmt erst danach und so angsteinflösend düster waren die Wolken ja auch noch nicht.
Ich war ja nicht wählerisch, so ging ich in das nächstbeste Restaurant hinein, die sogar ein Menü auf Englisch hatten. Kaum hatte ich das Bilderbuch aufgeschlagen, entleerte sich schon der erste Kübel Regen über der Stadt. Ich glaube sogar, es hat “PFLATSCH” gemacht. Naguuut, habe ich halt ganz viel Zeit zum essen!
Es gab diesmal irgendwas mit Schweinefleisch und Kürbis.
Entweder aß ich zu schnell, oder der Regen würde noch etwas länger als gedacht dauern. Um nicht das Risiko einzugehen später in noch größere Regenmengen zu geraten, klemmte ich mir den Rucksack unter den Arm und eine Papiertüte musste als Regenschutz herhalten. Shoppen ist doch immer für was gut!
So lief oder besser gesagt ging ich mit schnellerem Schritt (ich hatte schließlich gerade erst gegessen) zurück ins Guesthouse.
(illustrations by Nidhi Chanini, http://www.everydayloveart.com, Pascal Campion)
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